„Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit“ – Exkursion zum KZ-Außenlager Schillstraße in Braunschweig

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Die rabbinische Weisheit „Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit“ ist als Wahrzeichen der Gedenkstätte „KZ-Außenlager Schillstraße“ auf einer Sichtbetonscheibe mit 10 m Länge und 4 m Höhe zu finden. Im Rahmen des Geschichtsunterrichtes besuchten wir mit unserem Leistungskurs am 10.02.2017 die Gedenkstätte an der Schillstraße, um unter Leitung von Herrn Gerald Hartwig mehr zu dem Konzentrationsaußenlager zu erfahren, das sich während des Zweiten Weltkrieges hier auf dem heutigen Parkplatz des BraWo-Parks befand.

Gerald Hartwig führt den Geschichtskurs durch die Gedenkstätte und weiß dabei viel Wissenswertes zu berichten

Gerald Hartwig führt den Geschichtskurs durch die Gedenkstätte und weiß dabei viel Wissenswertes zu berichten

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Auf der Begrenzungsmauer des ehemaligen Lagers sind 200 Informationstafeln angebracht, die u.a. Zeitzeugendokumente beinhalten

In dem Außenlager des KZs Neuengamme waren Häftlinge untergebracht, die zum Teil aus dem KZ-Auschwitz hierher deportiert worden waren, um in den benachbarten Büssing-Werken in Sklavenarbeit die kriegswichtige Produktion aufrechtzuerhalten.

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Gerald Hartwig vor dem Denkmal, das 1838 für den gefallenen Ferdinand von Schill errichtet wurde

Darüber hinaus erfuhren wir auch noch Wissenswertes über das 1837 entstandene Schilldenkmal, das sich auf dem Gelände der Gedenkstätte befindet. Dieses Denkmal wurde zu Ehren des preußischen Majors Ferdinand von Schill errichtet, der mit seinem Freiwilligenverband 1809 einen mutigen, aber erfolglosen Aufstand gegen die napoleonische Besatzung unternahm. Sein Kopf und die Gebeine einiger seiner Gefolgsleute wurden hier beigesetzt und anschließend ein Denkmal errichtet. Problematisch war die Umdeutung und Neueinweihung des Denkmals in den 50er Jahren, als hier auch der im Zweiten Weltkrieg gefallenen oder verschollenen deutschen Soldaten gedacht werden sollte. Seit den 60er Jahren fanden hier regelmäßig Gedenkfeiern mit Kranzniederlegungen zum Volkstrauertag statt. Das ehemalige Konzentrationsaußenlager, das sich während des Krieges direkt neben dem Schilldenkmal befunden hatte, war weitestgehend in Vergessenheit geraten.

In den 90er Jahren allerdings kam es zu Auseinandersetzungen linker Gruppierungen und den Teilnehmern der offiziellen Gedenkveranstaltungen. Kritisiert wurde dabei insbesondere die Gleichsetzung der Freiheitskämpfer um Schill mit den Wehrmachtssoldaten, die in Hitlers Eroberungs- und Vernichtungskrieg gekämpft hatten. Gleichzeitig beklagte man aber auch die fehlende Wahrnehmung der unmittelbaren Nachbarschaft zum ehemaligen Konzentrationslager.

Zur Erinnerung an das ehemalige Lager gestaltete die Künstlerin Sigrid Sigurdsson im Jahre 2000 im Auftrag der Stadt die jetzige Gedenkstätte, die sich in dem neben dem Denkmal liegenden Invalidenhaus befindet. An der Steinmauer brachte sie Tafeln an, die Beiträge aus dem „Offenen Archiv“, welches im Haus zu finden ist, wiedergeben. Schon das „Offene Archiv“ war den Besuch wert, denn unter den zahlreichen Beiträgen lassen sich auch Bilder und Briefe verschiedener Zeitzeugen finden.

Zur Veranschaulichung der damaligen Situation zeigte uns Herr Hartwig eine 3D-Animation, auf der das Barackenlager rekonstruiert wurde. Besonders beeindruckend war der anschließende Film, der ein Interview mit Sammy Frenkel, einem in Braunschweig aufgewachsenen Juden, zeigte. Über Auschwitz war er zurück nach Braunschweig gekommen, wo er im Außenlager an der Schillstraße untergebracht war und Zwangsarbeit für die Büssing-Werke leisten musste – nur wenige Straßenzüge von seinem früheren Wohnort entfernt.

Der Besuch der Gedenkstätte in der Schillstraße lohnt sich für alle, die sich für die Vergangenheit ihrer Stadt und das Schicksal der KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter interessieren.

 

(Autorin: Janet-Ulrike Riesner)

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